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Weiter Schreiben ist ein Projekt
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Weiter Schreiben > Über uns

 

© Wael Toubaji

Über uns

Hier kann man diesen Text in einfacher Sprache lesen.

Weiter Schreiben ist eine literarische Plattform für Autor*innen aus Kriegs- und Krisengebieten. Seit 2017 übersetzen, illustrieren und publizieren wir auf unserem Onlineportal www.weiterschreiben.jetzt Lyrik und Prosa vor allem aus dem Arabischen und Persischen – auf Deutsch sowie im Original.

Wir verbinden Schriftsteller*innen im Exil mit renommierten deutschsprachigen Autor*innen in Tandems und veranstalten gemeinsame Lesungen. Wir tun das, weil das Weiterschreiben, Weitergelesen- und Gehörtwerden für Schriftsteller*innen existentiell ist – und weil wir die Texte als unschätzbare Bereicherung der hiesigen Literaturlandschaft begreifen.

Gegründet, um nach Deutschland geflohenen Schriftsteller*innen die Ankunft im Land und auf dem Buchmarkt zu erleichtern, haben wir von Anfang an auf persönliche Begegnungen und Netzwerkbildung gesetzt. Dieses Netzwerk ist kontinuierlich gewachsen. Wir kooperieren mit Literaturhäusern in Deutschland, Österreich, Polen und der Schweiz und mehr als 150 Autor*innen, Übersetzer*innen, Künstler*innen, Fotograf*innen und Musiker*innen aus 19 Ländern. Seit 2019 erscheint einmal im Jahr ein Printmagazin, wir initiieren regelmäßige literarische Briefwechsel und einen Podcast, wir haben eine Anthologie (Ullstein Verlag, 2018) und ein Hörbuch (Der Hörverlag, 2022) herausgegeben.

Parallel zur medialen Diversifizierung hat Weiter Schreiben auch seinen räumlichen Radius erweitert. 2020 haben wir den Schwesterverein Weiter Schreiben Schweiz gegründet. Seit 2021 arbeiten wir im Rahmen von Untold Narratives – Weiter Schreiben mit Autorinnen in Afghanistan zusammen. 2022 haben wir unser Netzwerk gemeinsam mit Autor*innen aus Angola, Ägypten, Belarus, Burkina Faso, Eritrea, Iran, Südsudan und der Ukraine erweitert.

Liste der Buchveröffentlichungen der Autor*innen

2018 wurde Weiter Schreiben mit dem The Power of the Arts-Preis ausgezeichnet. 2022 erhielt das Projekt den Hermann Kesten-Förderpreis des deutschen PEN-Zentrum. Für das Projekt Untold – Weiter Schreiben Afghanistan erhielt Weiter Schreiben 2023 gemeinsam mit der KfW Stiftung und der Londoner NGO „Untold Narratives CIC“ den Kulturförderpreis des BDI.

Weiter Schreiben – Die Geschichte

2017 haben wir Autor*innen aus Kriegs- und Krisengebieten gefragt, was sie sich wünschen. Die Antwort, die wir am häufigsten bekommen haben, lautete: „Weiterschreiben“. Weiter schreiben zu können, heißt aber auch, weiter gelesen zu werden. Denn das Schreiben und das Gelesenwerden gehören zusammen. Man schreibt nicht für sich, man schreibt aus sich heraus. Für Autor*innen ist es elementar, dass der Prozess des Schreibens nicht abbricht. Schreiben ist nicht nur eine Kunst, es ist auch eine Lebensform, eine Art, die Welt wahrzunehmen, sie sich begreiflich zu machen und sich dadurch in Beziehung zu setzen mit ihr. Das gilt für Autor*innen aus Kriegs- und Krisengebieten in besonderem Maße. Für sie ist der Schreibprozess durch die politische Situation nicht nur unterbrochen worden, sondern das Schreiben ist für einige von ihnen sogar lebensgefährlich geworden. Mussten sie ihre Heimat verlassen, bricht zudem oft der eigene Sprachraum weg, dann ist es umso wichtiger, mit Übersetzungen eine Brücke in den neuen Sprachraum hinein zu bauen.

Weiter Schreiben hat für uns aber auch noch eine zweite Bedeutung: Denn es beinhaltet nicht nur das zeitliche Kontinuum, sondern auch eine räumliche Ausdehnung, eine Erweiterung der Perspektive. Allzu oft fehlen die Stimmen von Menschen, die hierher geflohen sind in der öffentlichen Debatte, meist wird über sie gesprochen und nicht mit ihnen. Die Autor*innen, die hier versammelt sind, lassen das nicht zu. Sie ergreifen selbst das Wort und erweitern die durch den dominanten medialen Diskurs geprägten Vorstellungswelten. Ihre Texte vertiefen den transkulturellen Dialog und durchkreuzen so Stereotype und Lesegewohnheiten. Der Brückenschlag geht also in beide Richtungen, denn auch die meisten Deutschen bedürfen eines Zugangs zu arabischen Lebensräumen und kulturellen Traditionen; die meisten wissen kaum etwas über arabisch- oder persischsprachige Literatur, und darüber, wie der Alltag in Kriegs- und Krisengebieten sich gestaltet, weiß man oft noch viel weniger. Wenn wir mehr wüssten von dem, was andere wissen, und wenn wir dieses Wissen in gemeinsam erzählten Geschichten auch anderen zur Verfügung stellen könnten, dann würde – vielleicht – hier und dort das Wissen die Empathie wecken, und die Empathie das Handeln, das Handeln würde aber das Wissen nicht unnütz werden lassen“, schrieb Saša Stanišić in einem frühen Beitrag für Weiter Schreiben dazu.

Mit Weiter Schreiben sind wir also dem Wunsch der Autor*innen gefolgt und haben dieses literarische Portal eröffnet, das ein Weiterschreiben und ein Weitergelesenwerden ermöglicht. Seit Mai 2017 veröffentlichen wir jeden Monat zwei bis vier Texte in Originalsprache und auf Deutsch. Jeder dieser Texte ist von Künstler*innen aus Kriegs- und Krisengebieten illustriert. Einige dieser Zeichnungen, Collagen und Fotografien sind eigens für die Texte entstanden.

Wir stellen es den Autor*innen frei, über welche Themen sie schreiben. Es sind viele Texte über Krieg, Vertreibung und Flucht entstanden, die auf sehr unterschiedliche Arten vom Grauen oder eben gerade nicht vom Grauen erzählen, aber so geschrieben sind, dass es zwischen den Zeilen spürbar wird. Uns sind aber auch andere Texte geschickt worden: eine erotische Liebeserklärung von einer Frau an eine Frau, Porträts von deutschen Dichter*innen, ein Brief an Heinrich Böll, Texte über Gartenherzen, Kühlschränke und Wäscheleinen und über den Rotlichtbezirk in Amsterdam. Unsere Autor*innen kommen aus Syrien, dem Irak, Iran, Sudan, Jemen und aus Afghanistan. Wir veröffentlichen auch Roma- und Sinti-Autor*innen, die in Deutschland, Österreich und Ungarn leben, weil Krisengebiete nicht immer woanders sind, sondern für manche Menschen mitten in Europa.

Damit die Autor*innen einen Zugang zum deutschen Literaturbetrieb bekommen, haben wir sie mit renommierten deutschsprachigen Autor*innen zusammengebracht.

Alle der teilnehmenden deutschsprachigen Autor*innen haben überraschenderweise innerhalb von wenigen Tagen ihre Mitarbeit an unserem Projekt zugesagt. Auf die Frage nach dem Warum erklärt Martin Kordić: „Sprachen, Grenzen, Dokumente. Das alles engt ein, bedrängt, schließt aus. In diese Mauern müssen Löcher geklopft werden, durch diese Löcher müssen Geschichten erzählt und Hände gereicht werden.“ Und Monika Rinck schreibt: „Ich halte es für lebenswichtig, Menschen, die zu uns kommen, die Gelegenheit zum eigenen, mithin künstlerischen Ausdruck zu geben. Dazu gehört auch die öffentliche Wahrnehmung. Ein Schritt weg von der dritten Person – also derjenigen, über die man als Abwesende spricht – hin zur zweiten und ersten Person: Dem Du des Angesprochenen und dem Ich, das spricht.“

Die Arbeit in den Tandems nimmt ganz unterschiedliche Formen an: So machen sich beispielsweise Widad Nabi und Annett Gröschner in Berlin auf die Suche nach verlorenen Welten, treffen sich in Bibliotheken und schreiben dann darüber. Tanja Dückers schreibt über ihre Zusammenarbeit mit Galal Alahmadi: „Galal und ich sind uns in der Herangehensweise an Gedichte ähnlich – ob wir uns gegenübersitzen oder uns nur per Mail verständigen: Wir nehmen alles haarklein auseinander.“ Nino Haratischwili nominierte Lina Atfah für den Hertha Koenig-Förderpreis und hielt eine Laudatio auf sie, die von der Tiefe ihrer Begegnung erzählt; und Lina Atfah sagt: „Seit ich bei Weiter Schreiben mitmache, habe ich wieder Mut und Lust auf meine Zukunft.“ Wie wichtig diese Begegnungen sind, betont auch Galal Alahmadi: „Dass sich die arabisch- und deutschsprachigen Gegenwartsautoren so kennenlernen dürfen, ändert alles.“ Und tatsächlich ist es diese Mischung aus persönlicher Begegnung, literarischem Austausch und politischer Diskussion, die die Arbeit in den Tandems für beide Seiten so wertvoll macht. Als Olga Grjasnowa anfangs schrieb, „dass Weiter Schreiben tatsächlich Hoffnung geben könnte und womöglich sogar ein wenig Trost spenden“, hatten wir genau das gehofft. Dass es uns gelungen ist, beglückt und regt uns an, weiter zu machen.

Um die Öffentlichkeit an diesem bereichernden Austausch Teil haben zu lassen, organisieren wir Lesungen mit den Tandempaaren, häufig begleitet von Musik. Für diese Veranstaltungen konnten wir namhafte Berliner Literaturinstitutionen als Kooperationspartner*innen gewinnen: Das Literarische Colloquium Berlin, das Haus für Poesie, das Literaturhaus, das Deutsche Theater und Baynatna – die arabische Bibliothek in Berlin.

Hatten wir uns 2017 gewünscht, dass einige der Autor*innen Stipendien und erste Buchverträge in Deutschland bekommen, so ist es 2023 bereits mehrfach Realität geworden. Viele der Autor*innen konnten renommierte Stipendien, Residenzen, Stadtschreiberpositionen oder Preise gewinnen. Widad Nabi, Galal Alhamadi, Lina Atfah, Rasha Habbal, Yamen Hussein, Ahmad Katlesh, Dima Albitar Kalaji, Ali Alkurdi, Yirgalem Fisseha Mehbratu und Sam Zamrik konnten ihre ersten bzw. zweiten und dritten Bücher auf Deutsch oder zweisprachig veröffentlichen. Stella Gaitano und Mariam Meetra folgten 2024.

2018 haben wir den The Power of the Arts-Preis der Philip Morris GmbH gewonnen und mit dem Preisgeld unser erstes Print-Magazin herausgeben: 2019 mit dem Thema „Häuser – Gärten – Ruinen“, 2020 unter dem Titel „Hühner – Katzen – Messenger“, 2021 ging es mit „Salzt uns!“ um Essen und Identität, 2022 publizierten wir ein Afghanistan-Magazin mit dem Titel „Dieser Schatten ist nicht ich“ und 2023 das Weiter Schreiben Mondial-Magazin mit dem Titel „“Dünnes Eis“. Das Weiter Schreiben Magazin liegt bundesweit in Buchhandlungen, Bibliotheken und bei Festivals aus.

2020 haben wir mit (W)Ortwechseln. Weiter Schreiben – Briefe ein literarisches Briefwechselprojekt initiiert, das sowohl hier auf der Website als auch in Podcasts und demnächst einem Hörbuch einen einzigartigen Gedankenaustausch zwischen einheimischen und exilierten Autor*innen in Deutschland als auch mit Autor*innen im Iran, im Sudan und in Afghanistan vorstellt.

Seit 2020 organisieren wir zudem in Zusammenarbeit mit Festivals und Literaturhäusern auch Veranstaltungen in Österreich, Polen und der Schweiz. Die Kooperation in der Schweiz war so erfolgreich, dass daraus ein neuer Verein hervorging, der heute auf weiterschreiben-schweiz.jetzt in die Schweiz geflüchtete Schriftsteller*innen veröffentlicht und sie mit dort lebenden deutsch- französisch und italienischsprachigen Autor*innen vernetzt.

Im Frühjahr 2021 haben wir in Zusammenarbeit mit der KfW Stiftung und der Londoner Initiative Untold ein Korrespondezprojekt zwischen Autorinnen in Afghanistan und deutschsprachigen Autorinnen gestartet. Konnten die Briefe im Jahr ihres Entstehens aufgrund der Sicherheitslage nach der Machtübernahme der Taliban nicht veröffentlicht werden, gibt Untold –Weiter Schreiben Afghanistan heute ein einmaliges Zeugnis der Übergangssituation aus Sicht weiblicher Intellektueller.  Das Projekt wird seit September 2023 unter dem Namen Untold Narratives – Weiter Schreiben. Briefe afghanischer Autorinnen fortgesetzt.

2022 haben wir den Radius nochmals erweitert und nach Deutschland exilierte Schriftsteller*innen mit Exilautor*innen in Frankreich und Schweden bei Europa Weiter Schreiben verbunden. Ihr Austausch eröffnet eine neue Perspektive auf Europa im 21. Jahrhundert. Darüber hinaus initiierten und veröffentlichten wir bei Weiter Schreiben Mondial Korrespondenzen zwischen exilierten Autor*innen in Europa und Schriftsteller*innen in Ägypten, Angola, Burkina Faso, dem Iran und Belarus. Um unseren Horizont zu erweitern, neu über Freiheit und Grenzen, aber auch über Liebe, Furcht und Widerstand zu lesen sowie den Begriff der Krise zu überdenken. Im Herbst 2022 starteten wir das Projekt Weiter Schreiben Ukraine, in dem sich drei ukrainische mit drei deutschen Autor*innen in Briefwechseln austauschten. Weiter Schreiben kuratiert die Brecht-Tage 2024 vom 10.-16. Februar in Kooperation mit dem Literaturforum im Brecht-Haus.

Weiter Schreiben ist ein Projekt der gemeinnützigen Organisation WIR MACHEN DAS und wird gefördert durch die Crespo Foundation, den Deutschen Literaturfonds, die Stiftung Preußische Seehandlung, die C.H. Beck Kulturstiftung und die BuntStiftung München.

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