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Frag mich nicht nach Syrien

Abdalrahman Alqalaq
© Natalia Ali, Standbild aus: Munkhol منخل – milk with coffee, diverse Filmsequenzen (2017 und 2018)
© Natalia Ali, Standbild aus: Munkhol منخل – milk with coffee, diverse Filmsequenzen (2017 und 2018)

Frag mich beim Smalltalk nicht nach Syrien
als ginge es um ein versunkenes orientalisches Reich
Sonst sage ich
dass ich es in einem Weltkriegsmuseum in Berlin abgestellt habe
dass ich Damaskus nach ein oder zwei Gedichten schon vergessen hatte
und dass meine Eltern aus Haifa sind
wie ich in einem Interview bekundete (was denen von der Zeitschrift egal war)

Frag mich nicht nach Syrien, wenn ich müde bin
Über meinen Vater habe ich alles gesagt
meine Mutter ist noch dort und räumt die Toten von der Schwelle unseres Hauses
damit meinen künftigen Kindern
der Fluch der Alten erspart bleibt
Sie ruft:
Ach, Erde, alte Göttin, die Du viel besser zu unserem Leid und unserer Wut passt!
Wir wollten doch nur, dass du uns die Hand reichst, die letzten Hügel im Norden zu halten
von deren Höhen aus wir dich verehren
und wo ein Mädchen dich mit den Augen sucht und dir seine Wunden zeigt
Ach, Syrien, wozu all dieser Tod?
Nur unsere schmutzige Trauer ist uns geblieben
Totenklage allüberall
verwackelte Videoanrufe
und Warnwesten an Grenzübergängen
Staub aus deinem verbrannten Mund
legt sich auf jedes Lächeln, das wir dir senden
wie eine Mondnacht, die Schatten von Entschwundenen an die Fenster verlassener Paläste wirft
Ach, Erde, alte Göttin, die du viel besser zu unserem Leid und unserer Wut passt!
Erbarme dich unser, während du uns verschluckst
Wir sind so alleingelassen – von dir
Wir sind so allein – und streben nach dir

– Flüchtlingslager, schau durch meine AugenLesenانظر من عينيّ أيها المخيم
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