Eine Laterne suche ich
1.
Ausgestiegen bin ich
aus dem Wind
– schon lange her –
und in der Fantasie bleiben
keine verwickelten Metaphern
die Haare der Geliebten zu beschreiben
ein alterndes Ich bloß
neben erschöpften Frauen
Im Beutel heimlicher Nächte
findet sich kein Rezept für eine Erlösung
also suche ich eine Laterne
zu der mir kein Prophet
den Weg weisen kann
Die Bagheranberge klettere ich hinauf
mit meinem Schatten
und dem Höllenbrand ferner Meere
der kein Ende kennt
Meine Verwirrung
aber hat keinen Schatten
2.
Tagsüber
pflücke ich
die Lauttropfen
bei der Hochzeit der Spatzen
Abends
statte ich den Sternen
einen Besuch ab
Ein Prophet bin ich
unter den Schmetterlingen von Retsch[1]
erreiche den Berg
die Schmetterlinge halten mir
eine Predigt
unterhalb einer Burg der Assassinen
unbekannter Tempel
der Vergänglichkeit der Seele gewidmet
[1] Ein Bergdorf in Süd-Khorassan im Bagherangebirge
Wer dieses und mehr seiner Gedichte, die zu den gefragtesten Werken moderner iranischer Lyrik zählen, entdecken möchte, dem sei sein erster Deutsch-Persischer Gedichtband »Wetterumschlag« empfohlen, der in Kürze im Secession Verlag für Literatur erscheinen wird.