Was uns verbindet, liegt vor uns
Ein Abend mit Ali Al-Kurdi, Martin Kordić und der Mediterranean Girls Group am 14. Mai 2019 im Literaturhaus Berlin.
Übersetzung: Leila Chamma, Moderation: Annika Reich
Bildergalerie von Alexander Janetzko
Als sich der deutsche Autor Martin Kordić und der palästinensische Autor Ali Al-Kurdi vor eineinhalb Jahren am Telefon kennenlernten, teilten sie keine gemeinsame Sprache, sie wohnten nicht in einer Stadt und hatten sich noch nie gesehen. Vieles sprach dafür, dass der Dialog zwischen den beiden schwierig werden würde. Wie fruchtbar er geworden ist und wie viel sie gemeinsam haben, davon zeugte dieser erste gemeinsame Abend. Im Gespräch ging es um ihre beiden Romane „Shamaya Palast“ (Al-Kurdi) und „Wie ich mir das Glück vorstellte“ (Kordić), die von den Kriegen und dessen Folgen in Syrien/Palästina und in Bosnien erzählen. Beide Romane sind aus der Perspektive eines Kindes bzw. Jugendlichen geschrieben.
Das Literaturhaus war wieder sehr gut besucht. Als wir mit Weiter Schreiben starteten, fragten uns viele Menschen: Wie wollt Ihr das deutsche Publikum für arabischsprachige Literatur begeistern? Unsere Partner wie das Literaturhaus haben es möglich gemacht, dass wir zeigen konnten, woran wir von Anfang an geglaubt haben: Es gibt ein großes Interesse die Stimmen, die hierher gekommen sind, und ihre Geschichten zu hören.
Ali Al-Kurdi ist nicht nur schriftlich, sondern auch mündlich ein großer Geschichtenerzähler. Dass er auch ein großer Tänzer ist, sehen Sie unten.
Ali Al-Kurdi saß zehn Jahre seines Lebens als politischer Gefangener in Syrien im Gefängnis. Als Annika Reich ihn fragte, wie er direkt danach sofort wieder den Mut gefunden hatte, weiter politisch aktiv zu werden, winkte er ab: Dieses Thema sei zu groß für einen Abend.
Martin Kordić berichtete, dass die ersten Gespräche mit Ali Al-Kurdi über Skype und zu dritt stattfanden – mit Dima Albitar Kalaji, die zwischen den beiden hin und her übersetzte. Kordić war erstaunt darüber, wie sehr Al-Kurdi in diesem Dreieck über die Augen kommunizieren konnte, wie viel sich darüber transportieren ließ. An diesem Abend sprachen wieder beide in ihren eigenen Sprachen. Das Publikum wurde Zeuge ihres Blickaustauschs und verstand sofort, was Kordić gemeint hatte.
Berivan Ahmad (Percussion), Valentina Bellanova (Nay) und Dima Dawood (Kanun) haben in Berlin die Mediterranean Girls Group gegründet und spielen in unterschiedlichen Kombinationen zusammen. An diesem Abend das erste Mal als Trio. Ihre Leidenschaft und die Harmonie ihrer Instrumente brachte sie zusammen. In ihrer Musik vereint die Mediterranean Girls Group den Reichtum verschiedener Stile und Epochen der Kulturen aus dem Mittelmeerraum. Sie wollen das Stereotyp einer männlich dominierten Musikwelt durchkreuzen und die Frauenrolle in der Musikindustrie stärken.
Die kurdische Syrerin Berivan Ahmad, die mit ihrer Rahmentrommel auch schon in einem Duo mit dem Oud-Spieler Wassim Mukdad bei Weiter Schreiben aufgetreten ist, spielte heute mit neuer Band. Man sah ihr das Vergnügen an
Dima Dawood aus Syrien an der Kanun.
Schon bei der Buchpremiere der Weiter Schreiben – Anthologie „Das Herz verlässt keinen Ort, an dem es hängt“ hat Ali Al-Kurdi mit seinem Tanz durch die Stuhlreihen des Literaturhauses begeistert. Und auch an diesem Abend ließ er sich nicht lange bitten.
Die Gespräche nach den Lesungen gehen oft bis spät in die Nacht, zuerst im Literaturhaus und danach in einem kleinen Restaurant um die Ecke.
Maritta Iseler (Bildredaktion) unterhält sich mit der syrischen Journalistinnen Yasmine Merei, die gerade als Fellow am Literaturhaus Berlin arbeitet.