Gedächtnishunde
Ein Lyrik-Abend im LCB mit Monika Rinck, Ramy Al-Asheq und Rasha Nahas.
Eine Bildergalerie fotografiert von Teddy Moarbes.

„Genau das meine ich“, sagte Ramy Al-Asheq, als Monika Rinck ein Gedicht aus ihrem demnächst erscheinenden Lyrikband „Alle Türen“ las und das Publikum gleichzeitig schneller denken, funkelnder wahrnehmen und auch noch lachen wollte. „Ich kann einfach nicht fassen, wie es Monika gelingt, dass die Menschen über Gedichte lachen.“ Ohne dass dabei die Tiefe, die Höhe und Bewegungen in alle möglichen Richtungen verloren gehen.

Die Moderatorin Annika Reich wollte von Ramy Al-Asheq wissen, ob die Hunde aus dem Titel seines ersten Lyrikbands auf Deutsch „Gedächtnishunde“ nicht viel zu zuverlässig, treu, gehorsam und zähmbar seien für so etwas Instabiles, Unkontrollierbares wie das Gedächtnis, oder ob er eher die streunenden, bellenden, beißenden Exemplare im Kopf gehabt hatte? Und Al-Asheq antwortete: „Der Hund stammt vom Wolf ab.“

In Ramy Al-Asheqs Buch „grenzt alles aneinander, nichts bleibt auf einer Seite. Die Metaphern des Krieges wandern in Liebesgedichte hinein. Sie lassen sich nicht aufhalten“, liest Monika Rinck aus ihrem Nachwort von „Gedächtnishunde“.

Nach jeder Lesung kommen Menschen, die des Arabischen wie des Deutschen mächtig sind, und staunen, wie leichtfüßig Günther Orth selbst die komplexesten Zusammenhänge übersetzt. „Er ist Syrer“, sagte neulich ein syrischer Dichter lachend zu. „Er kann es verneinen, aber ich weiß es.“

Während Monika Rincks Lesung schreibt der Übersetzer Günther Orth Ramy Al-Asheq auf Arabisch eine kleine Notiz auf einen Zettel. Er habe von Damaskus und ihm geträumt. Ramy Al-Asheq liest die Notiz vor und Günther Orth erzählt von seinem Traum.

Schon wieder: Weiter Schreiben vor gefülltem, begeistertem Haus.

Prof. Gereon Sievernich, der ehemalige Leiter des Martin-Gropius-Bau und jetziger Kurator des Hauptstadtkulturfonds und damit Hauptförderer von Weiter Schreiben im Gespräch mit der Projektleiterin Christiane Kühl und Annika Reich.

Monika Rincks Lyrik, Annika Reichs Kinderbücher und Romane und die Weiter Schreiben-Anthologie „Das Herz verlässt keinen Ort, an dem es hängt“ auf einem Tisch.

Und dann, als alle schon dachten, der Abend wäre schon interessant genug gewesen, kam die palästinensische Musikerin Rasha Nahas auf die Bühne und überraschte das Publikum mit einem Sound, den der Guardian so beschrieb: „Nahas hat die Theatralität eines Weimarer Cabaret mit zusätzlichen Geigen und Rockabilly“. Wow!

So klang der Abend nicht aus, sondern steigerte sich noch.